Französische Bulldogge betrachtet bunte Wandmalerei im Atelier von Künstlerin Ina Fasching

Ina Fasching

Kunst trifft Gefühl – Female Energy, Farbe und ein eigener Kosmos

6 Min.

© Hilde Van Mas

Ihr Zugang zur Welt ist behutsam bedacht und zelebriert die Magie der Momente. Ina Faschings abstrakte Bildsphären entführen in einen Kosmos, dem der farbgewaltige Sog eines Wimmelbildes anhaftet. Oder anders gewarnt: Wer einmal hinsieht, wird lange von der tiefgründigen und wohl formulierten Bildsprache in Bann gezogen. Das bunte Universum der Künstlerin erzählt fulminante Geschichten und diese offenbaren, jede für sich, eine eigene kleine spannende große Welt.

Ina Fasching liegt auf bemaltem Atelierboden, mit aufgemaltem Auge auf der Stirn und Malutensilien rundherum
Zeit aushalten, Dinge passieren lassen. Und wie? Mit Leichtigkeit und Hingabe. | © Hilde Van Mas

Kairos. Lange vor der Leinwand grübeln ist nicht ihr Ding. Ihre Ideen findet sie im Realen, oft in der Natur, manchmal in kleinen, scheinbar unscheinbaren Gegenständen und Begegnungen. Am liebsten draußen und gerne allein. Ausgedehnte Spaziergänge erfüllen sie mit Eindrücken, Farben, Licht. Der Titel ihrer aktuellen Ausstellung in der Galerie Maximilian Hutz in Hard Waiting for the Rabbit spiegelt diese Suche nach der vergänglichen Eingebung wider. In den südburgenländischen Wäldern um Jennersdorf – die Künstlerin hat sich dort gemeinsam mit ihrem Mann ein Zuhause geschaffen, das sie viel zum Malen nutzt – wanderte sie in den letzten Jahren viele Stunden und Tage herum auf der Suche nach Ideen und Motiven. Der Ausgleich zum dichten und turbulenten Wien, wo sie nach wie vor ein kleines Studioatelier in der inneren Stadt belebt, offenbart viele wohltuende Kontraste. Innehalten. Die Gedanken ohne Ziel und Ablenkung schweifen lassen – und plötzlich huscht ein flüchtiges Ereignis vorbei. Die Ideen zeigen sich oft ein bisschen wie die scheuen Waldtiere, schmunzelt die Künstlerin, manchmal muss man geduldig warten. Wenn Gedanken und Fantasie dann irgendwann mit Eindrücken angefüllt sind, geht im Atelier alles ganz schnell.

Theorie und Praxis. Ihr bevorzugtes Material ist Papier. Naturbelassen muss es sein und groß, am liebsten 1,80 m hoch. Sie hat sich auch schon auf Stoff versucht, naheliegend, zählen doch einige Semester Textildesign an der University of Derby zu ihren Stationen. Doch der bevorzugte Grund ihrer Emotionen und Gedankenwelt ist und bleibt das Papier. Auch weil es nachhaltig ist und wieder nachwachsen kann, das ist Ina sehr wichtig. Rahmen braucht es keine, am liebsten hängt sie das Papier direkt an die Wand, „so verschwimmt alles“. Die bunt verschmierten Wände in ihrem Atelier bezeugen das. Aber an einer Schnur hängt hier auch, wie an einer Wäscheleine zum Trocknen aufgespannt, eine ganze Reihe kleinformatiger neuer Bilder. Das war ihren anderen Umständen geschuldet, wie man so schön sagt. Sie lacht: „Eigentlich bevorzuge ich große Formate, nur als ich unlängst noch hochschwanger war, ging es dann irgendwann nicht mehr so gut, beim Malen am Boden herumzukriechen oder mich gegen die Wand zu stemmen.“ Klein Elliot ist beim Interviewtermin gerade mal sieben Wochen alt und räkelt sich leicht verschlafen auf Inas Arm, die während des Gesprächs gedankenverloren konzentriert im Zimmer auf und ab geht und das herzige Kerlchen hin- und herschaukelt. So sind in den Wintermonaten eben kleinere Formate entstanden. Eine schöne Zeit. Dünnhäutig habe sie sich gefühlt, aber nahe bei sich. Und zeichnen – das tut sie einfach immer und schon, seit sie denken kann, in jeder Lebensphase. Malen, das ist ihre Erzählweise. „Die Emotionen des Erlebten bilden eine eigene Welt. Und dieser gilt es auf den Grund zu gehen, nachzuspüren und sie dann wieder auf einen Untergrund zu bringen.“

Die Augen spielen mit den Händen. Auf dem Papier passiert alles sehr schnell und konzentriert, die Ideen sind schon da und die gesammelten Eindrücke bahnen sich einen neuen Weg. Die Künstlerin formuliert es so: „Die Energien des Erlebten schlummern im Körper. Und die Kunst in der Malerei ist das Treibenlassen, das Zulassen. Im Jetzt eröffnen sich unerwartete Dinge, so ist das Malen wie ein – erneuter – Spaziergang und ergibt ein abstraktes Konstrukt des Erlebten und Gesehenen.“ Das Papier als Grund wird zur kleinen Welt und die Emotionen werden zu Farben. Im Moment des Malens versucht sie, die Ratio abzuschalten oder wie sie sagt: „Die Augen spielen mit den Händen.“ So faszinierend einfach, wie das alles klingt, so fesselnd ist die spielerische Leichtigkeit, die ihre Bilder ausstrahlen. Trotzdem ist jeder einzelne Pinselstrich mit bedachter Prägnanz gesetzt. Und in jedem der Werke offenbart sich so ein eigener kleiner Kosmos.

Bei mir gab es nie einen Plan B,
das hat eigentlich alles einfacher gemacht.

Farbstarkes abstraktes Kunstwerk in leuchtenden Gelb- und Blautönen von Ina Fasching, Titel „side affairs“.
side affairs | © Daniel Pabst

Achtsamkeit als Raum für Freiheit. Aufgewachsen ist Ina Fasching in Lustenau. Sie schwärmt von den unbeschwerten Nachmittagen in den saftigen Feldern im Ried, dem Sich-Treiben-Lassen und von Freiheit. „Freiheit ist für die persönliche Kreativität sehr wichtig.“ Sie lacht: „Im Borg in Lauterach hatte ich damals einen Fünfer in Zeichnen.“ An der Akademie der bildenden Künste in Wien war dann die Meinung eine andere. Hier belegte Ina die Grafikklasse erst bei Gunter Damisch und machte ihr Diplom später bei Daniel Richter. Es braucht Selbstvertrauen und Achtsamkeit, ist sie überzeugt, um sich nicht drausbringen zu lassen „von dieser lauten schnellen Welt“. Leichtigkeit und auch eine gewisse Frechheit schaden nicht, wenn man seinen eigenen Weg gehen will, „und bei mir gab es sowieso nie einen Plan B, das hat eigentlich alles einfacher gemacht“. Je mehr sie in der Realität bewusst den schönen Dingen begegnet und sich Zeit nimmt, achtsam ist, desto leichter fällt ihr die Umsetzung. „Irgendwann muss man darüber gar nicht mehr nachdenken, wenn man übervoll ist mit Eindrücken.“ Dann tritt die Ratio wieder zurück und das Spiel von Augen und Händen beginnt von Neuem. „Der Zauber im künstlerischen Ausdruck liegt darin, dass man schöne Momente einfangen kann“, schwärmt sie. Sie versucht, sich in Langsamkeit zu üben. Statt jede Ablenkung willkommen zu heißen, was oft auch eine gewisse innere Leere füllt, sollten wir uns Zeit nehmen und versuchen, den Moment und manchmal auch die Langeweile auszuhalten. „In uns ist ein Raum, den wir vielleicht mit Freiheit füllen können“, ist sie überzeugt. Es ist an uns, dem Beachtung zu schenken und diesen Raum zu erfahren.

Ina Fasching steht barfuß vor zwei großformatigen Gemälden mit expressiv-abstrakter Malerei in ihrem Atelier.
© Hilde Van Mas

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